Wissenschaftliche Aussagen über Cholesterin:
Die Erkenntnis, dass mit einer cholesterinarmen Diät allein nicht der Blut-Cholesterin-Spiegel gesenkt werden kann, stammt keineswegs von mir. Die empfohlene Diät der „Nationalen Cholesterin-Initiative“ beeinhaltet
- Kohlenhydrate: 50 – 60% der Kalorien
- Fett: nicht mehr als 30% der Kalorien, dabei jeweils ein Drittel als gesättigte, einfach ungesättigte und mehrfach ungesättigte Fettsäuren
- Cholesterin: höchstens 300 mg / Tag
- Ballaststoffe: ca. 35 g / Tag
Obwohl diese Diät für den Normalverbraucher kaum richtig zu berechnen und noch weniger einzuhalten ist, wird sie als sehr wirksam empfohlen. So sagt jedenfalls die „Nationale Cholesterin-Initiative“, nachzulesen: Deutsches Ärzteblatt 87, B 991 (1990):
Und man kommt zu folgender Erkenntnis, Zitat: „....Dadurch lassen sich im Mittel die Cholesterinwerte um 15 – 20 % senken.....“
Dies widerspricht allerdings den wissenschaftlichen Ergebnissen der Untersuchungen über die Langzeitwirkungen dieser Diäten. So lesen wir im allgemein anerkannten „British Medical Journal“ (L.E. Ramsay, Diätetische Senkung des Cholesterins: Es ist Zeit, darüber wieder nachzudenken, Br. Med. J. 303, 953 (1991)):
„Trotz großem Aufwand an Betreuung und jahrelanger Einhaltung der empfohlenen Diät war im Durchschnitt nur eine 2%ige Senkung des Cholesterins erreichbar!“
Und weiter heißt es:
„Eine 15-20%ige Senkung war nur mit einer weit strengeren Diät als der empfohlenen erreichbar und dies nur in Krankenhäusern oder psychatrischen Kliniken!“
Diese Aussagen basieren auf der Erkenntnis von zehn Langzeitstudien in verschiedenen Ländern und auch die Welt Gesundheits Organisation WHO kam zu einem ähnlichen Ergebnis.
Halten wir also fest: Auf eine niedrigere Cholesterinzufuhr von außen reagiert unser Organismus selbstregulierend mit einer erhöhten Produktion. Dies gilt auch für sogenannten cholesterinarmen Nahrungsmittel, die uns die Industrie ständig neu vorsetzt, wie z.B. cholesterinarme Eier.
Eine erhöhte Zufuhr von außen führt nicht zwangsläufig zu höheren Cholesterinwerten, da die körpereigene Produktion heruntergefahren wird. Dies wird in einigen Veröffentlichungen zwar immer wieder anders dargestellt, doch kann man sich leicht selbst vorstellen, daß man keine cholesterinsenkenden Mittel benötigen würde, wenn eine einfache Nahrungsmittelumstellung den gleichen Effekt hätte. Dann würden nicht die Pharmakonzerne Milliarden mit ihren Cholesterinsenkern verdienen, sondern möglicherweise die Tomaten-, Knoblauch- oder Artischocken-Anbauer. Gelegentlich dem widersprechende wissenschaftliche Befunde beruhen meines Erachtens meist auf eine zu kurz angelegte Versuchsdauer. Der menschliche Organismus benötigt etwa vier Wochen, um sich den veränderten Umständen anzupassen. In der Praxis bedeutete dies, daß man alleine mit einer Nahrungsmittelumstellung etwa für vier Wochen eine vorübergehende Senkung erzielt, die dann aber ebenso rasch wieder nahezu auf den gleichen Wert ansteigt wie zu Beginn der Umstellung, durch den bereits erwähnten negativen Bio-Feedback.
Das wohl wichtigste Enzym in der Eigensynthese des Cholesterins wird HMG-CoAr Reduktase genannt. Es ist das die Geschwindigkeit der Synthese bestimmende Enzym. Man kann die modernen Cholesterinsenker auch als „Cholesterin-Synthese-Enzym-Hemmer“ bezeichnen, weil sie die Aktivitäten genau dieses Enzyms hemmen. Dadurch wird die Eigensynthese des Cholesterins vermindert, was zu einer deutlich meßbaren Senkung des Cholesterinspiegels im Blut führt.
Wir müssen uns ausführlicher mit der Cholesterin-Theorie befassen, um die exakten Vorgänge zu begreifen. Was ist nun Cholesterin genau?
Cholesterin – essentiell und gefährlich zugleich
Der menschliche Organismus benötigt Cholesterin für verschiedene lebenswichtige Funktionen.
- Aus Cholesterin werden diejenigen Gallensäuren hergestellt, die für die Fettverdauung benötigt werden.
- Cholesterin ist beim Aufbau neuer Gewebe unverzichtbar.
- Cholesterin ist ein wesentlicher Bestandteil aller Körperzellen.
- Cholesterin ist essentiell für den Aufbau wichtiger Hormone, vor allem der Sexualhormone Testosteron (im Hoden), Östrogen und Progesteron ( in den Eierstöcken)
- Mit der Hilfe von Cholesterin wird eine Vorstufe des Vitamins D hergestellt
Somit steht fest, daß Cholesterin eine absolut essentielle Substanz ist, ohne die unser Organismus nicht funktionieren, ja sich gar nicht erst richtig aufbauen könnte.
Auf der anderen Seite sitzt das Cholesterin auf der Anklagebank und wird zahlreicher gesundheitsschädlicher, ja sogar tödlicher Wirkungen bezichtigt. Ist der Cholesterinspiegel im Blut über längere Zeit zu hoch, steigt das Arteriosklerose-Risiko (auch Artherosklerose geschrieben) beträchtlich. Es kommt bei zuviel Cholesterin im Blut zu Ablagerungen an den Gefäßwänden, die das Herz mit dem nötigen Blut versorgen. Vor allem sind hiervon die Stellen betroffen, an denen die innere Auskleidung der Arterie ( Endothel genannt) nicht mehr völlig intakt ist. Dadurch werden die Gefäße immer weiter verengt, was den Blutfluß stört. Je mehr Ablagerungen sich bilden, desto dünner wird der Bereich des Gefäßes, durch die das Blut fließen kann. Es treten Durchblutungsstörungen auf, die Arteriosklerose beginnt.
Es kann auch vorkommen, daß Ablagerungen von den Gefäßwänden abbrechen und im Blut weiter transportiert werden. Dies führt dann zur Anlagerung eines Blutgerinnsels und es droht ein Infarkt. Wird Gewebe längere Zeit lang nicht durchblutet, wird es geschädigt und kann schließlich völlig absterben.
Da sich die cholesterinbedingten Ablagerungen besonders häufig an den Herzkranzgefäßen zeigen, diese sind für die Blutversorgung des Herzens verantwortlich, sind sie der gefährlichste Risikofaktor für die sogenannten koronaren Herzkrankheiten. Diese machen sich oft in Form von Angina-pectoris-Anfällen bemerkbar und führen in letzter Instanz zum allseits mit Recht gefürchteten Herzinfarkt. Das sind meines Erachtens die Hauptpunkte der Anklage, die uns immer wieder mit erhobenem Finger vor Augen geführt werden und als Rechtfertigung für millionenfach verordnete Cholesterinsenker dienen. Schauen wir uns doch alles einmal etwas genauer an:
Die Irrfahrt des Cholesterins
Jahrzehntelang wurde nur das Cholesterin als Gesamtwert im Blut gemessen. Wie sich später herausstellte, führte dies zu völligen Fehlinterpretationen, da man die verschiedenen Lipoproteine nicht unterschied.
Nun ist es aber nicht direkt das Cholesterin, daß auf unseren Organismus solcherart positiv und negativ zugleich einwirkt, sondern vor allem die Lipoproteinanteile der Substanz.
Die Cholesterinhypothese sagt uns hierzu:
An der Zelloberfläche der Leber befinden sich sogenannte LDL-Rezeptoren, die das im Blut zirkulierende LDL (Low Density Lipoprotein), ein Teil des zum Cholesterin gehörenden Lipoproteins, das wir etwas später noch genauer erläutern werden, aus dem Blut entfernen. Ist der LDL-Anteil besonders hoch und die Anzahl der LDL-Rezeptoren entsprechend niedrig, wird eine Arteriosklerose ausgelöst. Verantwortlich für die Erkrankung ist also nicht das Cholesterin als Gesamtsubstanz, sondern die enthaltenen Lipoproteine und vor allem ihre unterschiedlichen Anteile.
Die Lipoproteine und ihre Aufgaben
Das im Blut befindliche Cholesterin ist von einer Hülle aus Lipoproteinen umgeben. Diese Verbindungen aus Fett und Eiweiß haben eine wichtige Aufgabe. Die Lipoproteinhülle ermöglicht dem Cholesterin erst den Transport im Blut, da die Lipidsubstanz sehr schlecht löslich ist.
Die Lipoproteine werden nach ihrer Dichte eingeteilt und bezeichnet. Vor allem die Lipoproteine niedriger Dichte, vor allem VLDL (Abkürzung für engl. Very Low Density Lipoproteins), LDL (Abkürzung für engl. Low Density Lipoproteins), und der der hohen Dichte, HDL (Abkürzung für egl. High Density Lipoproteins), sind hier von Bedeutung.
Wie bereits angesprochen, ist eine der Aufgaben der Lipoproteine der Transport der Lipide im Blut.
Die sogenannten „guten“ HDL-Anteile
Das HDL befördert das Cholesterin, vereinfacht ausgedrückt, von den Körperzellen weg und zurück zur Leber. Dort wird das Cholesterin dann in Gallensäuren umgewandelt. Diese wiederum werden in den Darm abgegeben. Ein Teil der Gallensäuren wird dort, vor allem durch die Bindung an Ballaststoffe, ausgeschieden. Ein anderer Teil wandert wieder zurück zur Leber. Man kann also vereinfacht sagen, daß HDL das Cholesterin entsorgt. Bei dieser Entsorgung durch die Blutbahnen löst HDL auch die Ablagerung an den Gefäßwänden und trägt damit zur bereits erwähnten Senkung des Arteriosklerose-Risikos bei, ist aber nicht, wie oft falsch dargestellt, die einzige dafür verantwortlich zu machende Substanz.
Die sogenannten „schlechten“ LDL-Anteile
LDL ist für den Transport des Cholesterins von der Leber in die Körperzellen verantwortlich, ebenso das noch niedriger verdichtete VLDL. Dort wird Cholesterin dann weiterverarbeitet und aufgenommen. Für die Cholesterin-Aufnahme sind in den Zellen bestimmte Aufnahmepunkte verantwortlich, die sogenannten LDL-Rezeptoren. Sie funktionieren wie Türen und das LDL hat den passenden „Schlüssel“, um sie aufzuschließen. Erst dann kann eine Zelle den Lipidstoff einlassen. Sinkt nun die Anzahl der LDL-Rezeptoren oder sind sie nicht in der Lage, sich „aufschließen“ zu lassen, steigt der LDL-Anteil im Blut an. Somit erhöhen sich die damit verbundenen Risiken für den Betroffenen beträchtlich. Auch Störungen im Fettstoffwechsel können zu einem erhöhten LDL-Anteil führen.
LDL ist aber nicht immer gleich LDL
Ging man noch vor einigen Jahren noch davon aus, daß LDL eine meßbar einheitlich wirkende Substanz ist, weiß man seit kurzem, daß es noch niedriger verdichtete Lipoproteine, sogenannte VLDL gibt, die noch gefährlicher wirken.
Der Gesamt-Cholesterinwert besteht durchschnittlich aus:
- HDL-Cholesterin:-25%
- VLDL-Cholesterin:-15%
- LDL-Cholesterin:-60%
Ein hoher Gesamtcholesterinwert ist also häufig, aber nicht immer, gleichbedeutend mit einem hohen LDL-Anteil.
Wenn sich demnach beim Anstieg des Cholesterinspiegels der Anteil an VLDL und LDL erhöht, und sich der HDL-Anteil nur unmerklich ändert, erst dann bedeutet diese Zusammensetzung ein erhöhtes Risiko. Das ist der heutige Stand der Cholesterinhypothese und als Beweis für diese Hypothese werden die ständig erhobenen Anklagepunkte in direktem Zusammenhang gesehen. Also: Erhöhung des LDL- / VLDL-Anteil erhöht das Risiko zu Herzinfarkt und Arteriosklerose. Allerdings wird auch dieser direkte Zusammenhang in zahlreichen Veröffentlichungen inzwischen in Zweifel gezogen:
Weitere Widersprüche:
In den letzten Jahrzehnten ist in den USA ein Rückgang der kardialen Mortalität um 60% festgestellt worden. Der Cholesterinspiegel hat sich allerdings nur um 3% gesenkt. Selbst unter Einbeziehung anderer möglicher Faktoren, wie z.B. Rückgang des Rauchens und therapeutische Maßnahmen, ist diese Diskrepanz kaum erklärbar.
Als zweiten Punkt gebe ich zu bedenken: Vergleicht man den Cholesterinwert von Herzinfarktpatienten und Gesunden, so ergeben sich kaum Unterschiede (Nach Klepzig. Ztschr. Kardiologie 81, 347, 1992, In Göteborg/Schweden).
Die wichtigste Untersuchung war wohl die an zwölf verschiedenen europäischen Bevölkerungsgruppen (F.K. Gey, American Journ. Clin. Nutrition 53, 326 S (1991), in der keine Bezeichung zwischen den Cholesterinwerten und Herzerkrankungen festgestellt wurde.
Allerdings hat die sogenannte CARE-Studie bei besonders gefährdeten Herzpatienten (auch als 4S-Studie bekannt) festgestellt, daß bei sehr hohem Cholesterinspiegel (Mittelwerte: Gesamt-Cholesterin 260 mg%, LDL Cholesterin 188 mg%) nur ein leichter Rückgang von tödlichen und nicht-tödlichen Herzinfarkten zu verzeichnen war und keine Wirkung bei Patienten mit einem LDL-Wert unter 125 mg%. Bedenkt man, daß diese Studie die Wirkung von Cholesterinsenkern mittels Statinen untersucht hat, so ist dieses Ergebnis zumindest bemerkenswert.
Wenn das alles so stimmig ist, muß man sich doch etwas irritiert die Frage stellen: Wieso kann dann die Problematik an den Gefäßwänden entstehen?
Lp(a) - eine bisher nur selten erwähnte aber um so wichtigere Verbindung.
Es gibt auch noch ein weiteres Protein, das in der Öffentlichkeit weit weniger bekannt ist, als die vorgenannten Lipoproteine, dennoch spielt es eine wichtige Rolle beim Cholesterinspiegel: das Apo-Protein.
Wenn sich das Apo-Protein, kurz Apo-a genannt, mit dem LDL verbindet, entsteht ein Lipoprotein, das als Lp(a) bezeichnet wird, einfach als Formel ausgedrückt bedeutet:
Das Apo-a ist aufgrund seiner Struktur als eine Art von Klebstoff zu betrachten, mit dem sich das Lp(a) an den Wänden der Zellen ankleben kann. So kommt es zu den gefährlichen Arterienverengungen, weil durch Apo-a das LDL fest an den Innenseiten der Arterien angebracht wird. Natürlich werden dadurch auch defekte Stellen der Zellwände verschlossen, was ein durchaus wünschenswerter Effekt dieses Vorgangs ist. Wird aber zuviel Material angelagert, kommt es zu Verengungen der Arterien bis hin zum völligen Verschluß und damit zum allseits gefürchteten Infarkt.
Wie verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen inzwischen belegen konnten, ist ein erhöhter Lp(a)-Spiegel ein zehnmal höheres Gesundheitsrisiko als ein hoher Gesamtcholesterinwert oder auch ein hoher LDL-Wert.
Zwischen dem Lp(a) und den anderen Blutfettwerten gibt es keinen direkten Zusammenhang, der bisher zweifelsfrei nachgewiesen wurde. In der Praxis bedeutet dies: ein Mensch kann zwar einen völlig normalen Cholesterinspiegel haben, aber dennoch erhöhte Lp(a)-Werte. Damit ist sein Risiko für Arteriosklerose und Infarkt aber dennoch wesentlich erhöht. Kommen nun beide Faktoren zusammen, erhöhter LDL-Anteil und hohe Lp(a)-Werte, potenziert sich das Erkrankungsrisiko beträchtlich
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